Newsletter Oktober 2022:

Von: Sebastian Thiele

Eine moderne Einkaufsabteilung ist ein Innovationstreiber für das Unternehmen und trägt erheblich zur Wertschöpfung bei

Die Ansprüche an den modernen Einkauf haben sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt, besonders durch Corona und politische Spannungen. Nicht nur die technischen Möglichkeiten durch den Einsatz moderner Medien haben die Tätigkeiten im Einkauf erheblich verändert. Auch die Ansprüche an die Person des Einkäufers sind spürbar komplexer geworden. In diesem Artikel wollen wir den Wandel der Einkaufsorganisation von einer reinen Beschaffungsabteilung hin zu einem modernen Supply Chain Management analysieren und die damit einhergehenden Veränderungen im Unternehmen näher beleuchten.

Was ist Supply Chain Management? Brauchen wir das?

In vielen mittelständischen Unternehmen trifft man heute auf Einkaufsabteilungen, die sich „Purchasing Department“ nennen, die von einem „Purchasing Manager“ geleitet werden und ein sogenanntes „Supply Chain Management“ betreiben. Aber ist das mehr als eine Präsentation modischer Anglizismen?

Tatsächlich werden in Konzernunternehmen und großen mittelständischen Firmen diese Begriffe nicht nur dazu benutzt, um eine internationale Ausstrahlung zu verbreiten. Hier werden keine neuen Bezeichnungen für eigentlich bekannte Sachverhalte verwendet. Vielmehr findet in diesen Begrifflichkeiten ein Wandel seinen Ausdruck, nämlich der des klassischen Einkäufers zum Netzwerker, der aktiven Einfluss auf die gesamte Wertschöpfungskette (Value Chain) des Unternehmens nimmt.

Was also verstehen diese mittelständischen Unternehmen unter Supply Chain Management? In modern organisierten Unternehmen existieren seit vielen Jahren global vernetzte interdisziplinäre Einkaufsstrukturen, welche aktiven Einfluss auf die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffbeschaffung über die Verarbeitung in den einzelnen Produktionsstufen bis hin zur Auslieferung der Produkte an den Endkunden nehmen. Das Ziel ist dabei, eine durchgängige Optimierung der eingesetzten Ressourcen und Kosten zu erreichen.

Schattendasein des Einkaufs

Leider findet man in den meisten kleineren und mittelständischen Unternehmen dieses Verständnis eines wertschöpfenden Einkaufs, der „echtes Supply Chain Management“ betreibt, nicht. Hier führt die Beschaffung oft noch immer ein Dasein im Schatten von Vertriebsabteilungen oder der Produktion: Oft heißt es bei Einkäufern: „Wir sind hier eh nur das fünfte Rad am Wagen. Läuft alles gut, haben wir eben unseren Job gemacht. Geht etwas schief, sind wir sowieso die Dummen.“ Diese Aussage ist bezeichnend für den Stellenwert des Einkaufs in vielen Unternehmen und das daraus resultierende Gefühl von Demotivation vieler Mitarbeiter in den Einkaufsabteilungen. Dabei verkennen die meisten Firmenlenker, dass gerade in produzierenden Unternehmen mit nicht unüblichen Materialaufwandsquoten von 40, 60 oder mehr Prozent, der Einkauf den mit Abstand größten Ausgabeposten verantwortet. Bereits wenige Prozent Einsparung können erhebliche Auswirkungen im Ergebnis haben.

Gewinnsteigerung durch Einkauf

Ein einfaches Beispiel kann dies verdeutlichen: Angenommen ein Unternehmen macht einen jährlichen Umsatz von 10 Mio. Euro. Bei einem Materialaufwand von 50 Prozent (5 Mio. Euro) erwirtschaftet es dabei eine Rendite von 5 Prozent (500.000 Euro). Will der Unternehmer nun 50.000 Euro mehr Gewinn erwirtschaften, muss er dafür eine Umsatzsteigerung von 10 Prozent oder 1 Mio. Euro erzielen. Das gleiche Ergebnis kann es aber auch erreichen, wenn es die Einkaufskosten um lediglich 1 Prozent senkt.

Hierzu ist es jedoch unbedingt notwendig, dem Einkauf den ihm zustehenden Stellenwert zuzubilligen und diese Aufwertung auch als „Top-down-Prozess“ aktiv zu fördern. Die Einkaufsabteilung kann unter Mithilfe moderner Medien, eines modernen ERP-Systems, einer aktiven Vernetzung im Unternehmen und nicht zuletzt mit gut ausgebildeten und hoch motivierten Mitarbeitern ein Innovationstreiber für das Unternehmen werden und damit im erheblichen Maße zu dessen Wertschöpfung beitragen.

Es stellt sich die Frage, wie man dies auch in kleineren und mittelständischen Unternehmen erreichen kann. Eines ist klar: Kein Mittelständler kann sich Einkaufsabteilungen mit 30, 40 oder mehr Einkäufern leisten. Viele müssen mit ein, zwei oder drei Einkäufern auskommen. Trotzdem lassen sich auch hier bei entsprechender Organisation und Einbindung der Einkaufsabteilung in die Prozesse des Unternehmens erhebliche Potenziale heben.

Komplexe Anforderungen an einen modernen Einkäufer

Wichtig ist zunächst, den Einkäufer als echten und vollwertigen Partner zu verstehen. Er ist eben nicht nur der „Preisdrücker“ und „Bestellungsschreiber“. Die Erwartungen und Ansprüche an die Person des Einkäufers sind heute deutlich komplexer. Neben einer, in der Regel, kaufmännischen Ausbildung, meist sogar einem betriebswirtschaftlichen Studium, muss ein moderner Einkäufer spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vorweisen. Dazu zählen insbesondere:

  • Technisches Wissen
  • Controllingkenntnisse
  • IT-Erfahrung
  • Verhandlungsgeschick
  • Sozialkompetenz
  • Kenntnisse des Qualitätsmanagements
  • Kenntnisse internationaler Märkte

Hinzu kommt zwingend die Beherrschung von mindestens einer Fremdsprache (i. d. R Englisch).

Solch qualifizierte Mitarbeiter zu finden, fällt vielen Unternehmen sehr schwer, insbesondere, da es keine klassische Einkäuferausbildung gibt. Vielfach müssen sich gerade mittelständische Unternehmen über viele Jahre entsprechend qualifizierte Mitarbeiter heranziehen. Umso ärgerlicher ist es, wenn diese dann wegen Unzufriedenheit mit ihrer Tätigkeit, fehlender Anerkennung und schlechter Bezahlung der Firma den Rücken kehren. Dabei bietet gerade der Einkauf bzw. das Supply Chain Management ein sehr großes und interessantes Spielfeld mit abwechslungsreichen Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Der Einkäufer als Netzwerker

Neben ganz klassischen Beschaffungsaufgaben nehmen Einkäufer heute noch mehr wie je die Stellung eines Netzwerkers innerhalb und außerhalb des Unternehmens ein. Besonders in der aktuellen Zeit mit steigenden Energiepreisen und Transportkosten.

Der Einkäufer ist nicht nur das Bindeglied in Richtung altbekannter und bewährter Lieferanten. Er führt heute eigenständig im Rahmen geforderter Parameter umfangreiche Marktanalysen im In- und Ausland durch. Er sammelt als eine Art „Innovation Scout“ bei seinen Recherchen, zum Beispiel im Internet, auf Messen oder Fachforen, Ideen und Innovationen am Markt ein und trägt diese in die Fachabteilungen des Unternehmens.

Der Einkauf nimmt unmittelbar Einfluss auf alle Kostenbereiche

Auch in der Betreuung und Entwicklung von Lieferanten nehmen Einkäufer neben der klassischen Qualitätssicherung heute eine führende Rolle ein. Es geht eben nicht nur um ein wenig Lieferantenpflege und ein paar Besuche zum netten Kaffeetrinken. Im Rahmen der zunehmenden Konzentration auf Kernprozesse kaufen viele Unternehmen nicht mehr Einzelteile zu und führen dann den gesamten Produktionsprozess selbst aus. Vielmehr findet ein Outsourcing komplexer Baugruppen oder Dienstleistungen an Lieferanten statt. Dieser Prozess stellt weitaus höhere Anforderungen an den Einkäufer, der hier neben dem „bloßen Preisdrücken und Bestellen“ eben auch zunehmend Aufgaben der Gesamtsteuerung der Lieferanten in quantitativer, qualitativer und rechtlicher Hinsicht übernimmt.

Der Einkäufer nimmt mit seiner Tätigkeit unmittelbar Einfluss auf alle Kostenbereiche innerhalb der Wertschöpfungskette in und außerhalb des Unternehmens. Er steuert aktiv das Working Capital Management und die Liquiditätsflüsse und trägt zur Optimierung der Financial Supply Chain und damit der Rentabilität des Unternehmens bei.

Um dieser zentralen Funktion stets gerecht zu werden, ist der Einkäufer zunehmend auch als Controller gefragt. Denn nur wer die wirtschaftliche Lage des Unternehmens kennt und anhand messbarer Kennzahlen (KPI – Key Performance Indicator) regelmäßig überprüft, kann rechtzeitig Probleme erkennen und mit gezielten Maßnahmen gegensteuern. Besondere Schwierigkeiten bereitet dabei vielen Unternehmen immer wieder die Festlegung dieser messbaren Größen. Neben allgemeinen Kenngrößen aus der Bilanzkunde werden für die Leistungsfähigkeit oft sehr weiche, schwer zu fassende bzw. zu beeinflussende oder gar nichtssagende Kennzahlen herangezogen.

Sprechen Sie uns an, wir unterstützen Sie gerne (info@bdp-mc.com).

Sebastian Thiele

Sebastian Thiele

Vertriebsleiter Europa·bdp Mechanical Components Deutschland

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